Interkulturelle Teams

Unternehmenskultur bei der CACEIS Bank – ein Interview mit Brendan Fischer-Simbar

Heute spreche ich mit Brendan Fischer-Simbar, Group Manager bei der CACEIS Bank. Unser gemeinsames Studium an der Hochschule München im Fach „Interkulturelle Kommunikation und Kooperation“ verbindet uns und ich freue mich, mit ihm über seinen interkulturellen Arbeitsalltag, die Führung eines interkulturellen Teams, interkulturelles Teambuilding und Unternehmenskulturen nach Firmenfusionen zu sprechen.

Rechts: Brendan Fischer-Simbar (CACEIS Bank)
Links: Anna Weidlich (InterKult Training)

Die Themen im Überblick

✔ Wie können interkulturelle Teams remote besser zusammenarbeiten?
✔ Welche Skills sind als Führungskraft im internationalen Arbeitsalltag wichtig?
✔ Wie lassen sich Herausforderungen nach einer Unternehmensfusion meistern?
✔ Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur im Unternehmen?

Lesezeit: 6 Minuten

Führen von interkulturellen Teams

Brendan, was genau ist deine Aufgabe bei der CACEIS Bank und wo ist dein Team angesiedelt?

Ich bin derzeit Group Manager bei der CACEIS Bank in Frankreich und mein Team ist für die Aktualisierung der Kundenidentifizierung und -analyse in Bezug auf Geldwäsche, Sanktionen und Terrorismusfinanzierung (KYC) innerhalb unserer Bankengruppe verantwortlich. Das Team besteht derzeit aus zwölf Mitarbeitern im Headquarter, aber wir haben auch Mitarbeiter in unseren Niederlassungen in den Niederlanden, Irland und Luxemburg.

Da wir aus der Fusion mehrerer französischer Banken hervorgegangen sind, ist die Hauptsprache unserer Arbeit nach wie vor Französisch. Heute arbeiten die meisten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland. In allen Ländern, in denen wir vertreten sind, haben wir eine starke lokale Verankerung entwickelt. Dort wird die lokale Sprache bevorzugt und dann natürlich Englisch, wenn es um die Kommunikation zwischen Standorten geht, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Da unsere KYC-Funktion zentralisiert ist, bearbeiten wir täglich Dokumente in Fremdsprachen (Italienisch, Deutsch, Niederländisch usw. ….), was ebenfalls eine Besonderheit in unserem Team ist.

Wo sitzt dein interkulturelles Team und wie arbeitet ihr zusammen?

Mein Team in Frankreich arbeitet hauptsächlich im Büro, in unserer Zentrale am Campus der Crédit Agricole in Montrouge. Seit vier Jahren haben wir Flex Office und mit Covid wurde auch Homeoffice eingeführt. Im Büro haben wir keine festen Arbeitsplätze für die Kolleginnen und Kollegen. Wenn wir also im Office sind, versuchen wir möglichst in räumlicher Nähe zueinander zu sitzen, Wir haben eine Quote von Home-Office-Tagen pro Jahr, die  ungefähr zwei Tagen pro Woche entspricht. In unserem Großraumbüro arbeiten selten alle gleichzeitig– deswegen , finden unsere Besprechungen meist hybrid statt. Wir kommunizieren meistens per Microsoft Teams (Chat und Audio).

Standort Paris, Zentrale der CACEIS Bank

Gibt es Dinge, die du daran magst oder auch herausfordernd findest? Wie funktioniert interkulturelle Teamarbeit bei euch?

Das Setting ist gut für die Work-Life-Balance, aber man merkt, dass der Zusammenhalt und die Kollegialität lockerer sind als früher, auch die Integrationszeit ist etwas länger als in einem klassischen Setting. Früher konnten wir zum Beispiel, wenn es ein Thema zu besprechen gab, spontan eine offene Diskussion starten, das ist interaktiv, effizient und locker. In einem Großraumbüro mit nur einem Teil des Teams ist das anders.

In einem interkulturellen Team ist es besonders wichtig, über Metakommunikation zu sprechen und sich besser kennenzulernen, damit sich alle wohl fühlen und ein starkes Wir-Gefühl entsteht. Um dies zu ermöglichen, haben wir viele interkulturelle Teambuilding-Maßnahmen wie Events, gemeinsame Präsenztage und Veranstaltungen geplant. Ich benutze hier auch das Wort „wir“, weil ein Teil dieser Aktivitäten von den Mitarbeitern initiiert wurde. Solche Veranstaltungen, ob im Rahmen der Arbeit mit einem konkreten Ziel (z.B. Brainstorming, CoDev…) oder informeller, während der Mittagspause oder auch außerhalb des Arbeitskontextes, bilden den Zusammenhalt und sind meiner Erfahrung nach absolut notwendig.

Gibt es etwas, das du als Führungskraft im Umgang mit einem interkulturellen Team gelernt hast, anpassen oder weiterentwickeln musstest?

Definitiv, ich habe die meiste Zeit im Ausland gearbeitet, und als ich nach Frankreich zurückkam, musste ich mich anpassen. Man muss immer zuerst versuchen, sich selbst besser kennen zu lernen (wie kommuniziere ich, was mag ich, was nicht, usw.); das hilft sehr, eine Situation mit Abstand zu betrachten.

Aus meiner Erfahrung (nicht nur in Führungspositionen) ist aktives Beobachten unerlässlich, als Führungskraft muss man unbedingt mit den einzelnen Teammitgliedern ein Gespür dafür entwickeln, wie sie kommunizieren, wie sie arbeiten. Kommunikation und vor allem Metakommunikation sind wichtig, um sich gegenseitig zu verstehen. Dann kann man natürlich Aspekte verändern wollen oder bilaterale „Wege“ finden, aber erst einmal zu verstehen, wie der andere „tickt“, ist die Basis.

Das gilt aber nur für die persönliche Kommunikation. Als Führungskraft muss man auf einer höheren Ebene ansetzen, denn unsere Aufgabe ist es, ein Team zu bilden. Und da kann man nicht einfach sagen: „Jetzt müsst ihr so und so kommunizieren“. Wie in jedem Gruppenkontext muss man das interkulturelle Team oft an das gemeinsame Ziel erinnern und sich als Gruppe über gemeinsame Arbeitsprobleme austauschen, aber das reicht auch nicht: Meiner Meinung nach sollte ein gutes Team auch ohne Leiter funktionieren. Voraussetzung dafür ist natürlich ein sehr guter Zusammenhalt.

Ich benutze im Großen und Ganzen zwei verschiedene Arten der Verhandlung:

Wenn es um Reibung/Konflikte oder Missverständnisse zwischen zwei Personen geht, versuche ich zu vermitteln. Hier ist es wichtig, die beteiligten Individuen wachsen zu lassen, indem sie Empathie für den anderen entwickeln und gleichzeitig über sich selbst hinauswachsen.

Umgekehrt, wenn es sich um ein Mitglied handelt, das sich außerhalb der Gruppe befindet (Austritt oder Konflikt…), nehme ich eher die Rolle des Coaches ein. Auf diese Weise versuche ich, die betreffende Person dazu zu bringen, sich besser anzupassen und/oder besser verstanden/akzeptiert zu werden.

Das ist aber keine endgültige Zauberformel, man muss die Situation immer wieder neu einschätzen und aktiv werden.

Anna Weidlich - Expertin für interkulturelle Kommunikation

Anna Weidlich
Expertin für interkulturelle Kommunikation und Kooperation (M.A.)

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Herausforderungen nach einer Unternehmensfusion:

Was hat sich in eurem Unternehmen bzgl. der kürzlichen Unternehmensfusion verändert?

Wir haben letztes Jahr einen Wettbewerber übernommen und die rechtliche Fusion wurde im Juni abgeschlossen. Da unsere Geschichte, unser Ursprung, unsere Muttergesellschaft und das Land, in dem wir ansässig sind, unterschiedlich sind, haben wir eine andere Arbeitsweise und es gibt viele Unterschiede. Aber wir haben gemeinsame Ziele. Arbeits- und Reflexionsgruppen haben sich gebildet, um über eine Zielkultur in den Bereichen Kundenservice, Personalentwicklung und Diversity & Inclusion nachzudenken. Wir sind dabei, die neuen Werte durch zahlreiche Aktionen zu konkretisieren und zu verankern. Dies sind jedoch langfristige Prozesse.

Welche Rolle spielen die Unternehmenskulturen der zwei Unternehmen?

Ohne Unternehmenskulturen sind in sich organisch gewachsen und daher für Mitarbeiter und Führungskräfte, die schon lange im Unternehmen sind, meist sehr schwer zu erkennen. Als neuer Mitarbeiter, oder wenn man sich mit einer anderen Kultur vermischt, erkennt man sehr schnell das Eigene und das Fremde, insbesondere in den Bereichen Entscheidungsprozesse, Umgang mit Fehlern, Art der Kommunikation, zwischen Abteilungen und Hierarchieebenen…

Die Unternehmenskultur selbst definiert die Stärken und Schwächen des Unternehmens. Das Topmanagement muss sich dessen bewusst sein und ständig Veränderungen vornehmen, um die Organisation optimal an die Strategie anzupassen.

Welche Schritte sind aus deiner Sicht notwendig, um eine erfolgreiche Integration nach einer Unternehmensfusion zu gewährleisten?

In großen Organisationen, in denen die Einzelnen nicht alle kennen, ist die Organisation selbst das Wichtigste. Solange keine Klarheit über die Hierarchie und die Einteilung in Bereiche und Standorte besteht, bleibt jeder in seinem kleinen Silo und der Skaleneffekt kann nicht eintreten.

Sind diese definiert, können Arbeitsgruppen (möglichst repräsentativ für die Vielfalt des Unternehmens) an einer Zielkultur arbeiten. Dabei können professionelle Berater hinzugezogen werden. Am Ende müssen Leitbilder definiert werden, die mit dem Ist-Zustand (möglichst granular bis auf Abteilungsebene durch Befragung der Führungskräfte) verglichen werden.

Dabei kommt es auf das Zusammenwirken von Führung (top down) und Schnittstellenfunktionen an, die das neue Vorgehen in der gesamten Organisation einführen und verankern.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Schaffung einer einheitlichen Unternehmenskultur nach einer Fusion? Gab es Themen wie Kulturschock, Schwierigkeiten und wie wird damit umgegangen?

Es gibt definitiv Unterschiede, viele in der Art der Kommunikation, der Rolle der Führungskräfte, den Erwartungen gegenüber Kollegen aus anderen Bereichen… Im Großen und Ganzen ist die Lösung immer eine gute Kommunikation, aber manchmal braucht es eine Eskalation, um die Prioritäten richtig zu setzen und zu klären.

Was auch von vielen nicht vorgesehen war, ist, dass wir uns, unsere Systemlandschaften und Prozesse vorstellen und vergleichen; es gibt eine wichtige Arbeit der Dokumentation und Reflexion über die Zukunft. Ein Teil der Bereiche wird einfach ein bestehendes Modell beibehalten, aber für viele haben wir es neu gedacht und das Streben nach einer besseren gemeinsamen Zukunft bildet eine starke Zugehörigkeit.

Mich würde zum Abschluss noch Deine persönliche Meinung interessieren, ob Du noch weitere Gedanken und Ideen hast, wie Firmenübernahmen und Fusionen im Unternehmen erfolgreicher gestaltet werden können.

Man sieht immer mehr, dass Unternehmen durch solche Prozesse zueinander finden, sich in Sachen Unternehmenskultur beraten lassen. Ich finde es großartig, dass der menschliche Aspekt jetzt als grundlegender Teil anerkannt wird. Aber die Begleitung von Transformationsprozessen ist nach wie vor wichtig: Ich halte Coaching von Führungskräften und Teams für sehr wichtig, damit es nicht kontraproduktiv wird und die angestoßenen Veränderungen auch mehr Wirkung zeigen.

Anna Weidlich - Expertin für interkulturelle Kommunikation und Kooperation

Anna Weidlich
Expertin für interkulturelle Kommunikation und Kooperation (M.A.)

Anna Weidlich, Gründerin von Interkult Training, ist eine erfahrene Expertin für interkulturelle Kommunikation und Kooperation mit internationalen Wurzeln in Russland, Korea und Deutschland. Mit mehrsprachiger Kompetenz und umfangreichen Auslandserfahrungen unterstützt sie Unternehmen in der internationalen Zusammenarbeit. Ihr fundiertes Fachwissen erlangte sie durch ein dreijähriges Masterstudium an der Hochschule München.

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